Donnerstag, 5. Februar 2015

Freeletics - schneller Weg zum Erfolg?! ...ja...aber...


...es ist in aller Munde. Viele tun es. Überall squatten, pushen, pullen, dippen, crunchen die Leute vor sich hin. Über 2Mio Apps sind verkauft. Ich selber baue es als separate Workouts in mein persönliches Training ein und seit langer Zeit in maßvollen Dosen in die Trainingspläne meiner Sportler. Es ist hochgradig wirkungsvoll, es funktioniert.

Jetzt kommt das große ABER...!

Zunächst mal sind die Übungen schon ewig da. Quasi seit Turnvater Jahns Zeiten. Da hieß der Burpee noch "Hock-Streck-Sprung", der Pull-up noch "Klimmzug" und der Squat war die gute alte "Kniebeuge", usw. Freeletics ist also im Prinzip ein alter Hut! Worauf ich aber eigentlich hinaus will und was mich teilweise irritiert, wundert und auch ein bisschen ärgert:

Ich lese vermehrt in vielen Foren von "...hab HWS Probleme...", "...Tennisarm, Trainingsstopp, Bullshit...", "...habe seit x Monaten Rückenprobleme...", "...Handgelenke entzündet..."

...die Liste ist lang, die Posts zahlreich...

Ganz ehrlich - verwundert bin ich nicht!!!

Was glauben denn viele Leute?!

Natürlich sind die 15-Wochen-vorher-nachher Bilder, die zu 100ten gepostet werden, beeindruckend und ich habe Respekt für die Motivation der Leute, deren Ergebnisse usw.  und freue mich über aktive Menschen und Gruppen. Super. Bin ich voll dabei.

Aber GENAU WEIL es hochgradig wirkungsvoll ist, gehen enorme Risiken damit einher!

Jede Person im Sport, die halbwegs informiert oder am besten sogar ausgebildet ist weiß, dass das Herz-Kreislauf-System unheimlich schnell auf Training reagiert, der Bänder-, Sehnen- und Gelenkapparat aber MASSIV VIEL MEHR Zeit benötigt, sich anzupassen.

Die Postermodels auf den Freeletics-und-Konsorten-Websites sind - mit aller größter Wahrscheinlichkeit - vorher bereits seit Jahren am trainieren und wohl auch mit anderen Methoden und Trainingsmitteln.

Nehmen wir mal das "Einsteiger Workout" APHRODITE (ich liebe es): Burpees, Squats, Situps, jeweils 50-40-30-20-10 Mal!!! Do the math... 150 (!!!) Wiederholungen pro Übung!!!

Die ganzen Workouts zielen auf maximale Belastung/Ermüdung in kurzer Zeit ab. Quasi ein permanentes HIT Training. Und natürlich setzt die Ermüdung bereits nach wenigen Wiederholungen ein - je untrainierter, desto früher. Logisch.

Stellen wir uns also den First-Time-Freeletics-Starter vor, der wohl als die eigentlichen Zielgruppe der "Erfinder" gilt.  Ich spreche nicht von den Fitness-Freaks mit viel Trainingserfahrung. Ich rede von den Leuten die vielleicht etwas übergewichtig sind, mit großer Warscheinlichkeit aber zumindest einen ausbaufähigen Fitnesslevel besitzen, womöglich "gar keinen".

...die sind nach 10-15 Burpees voll am Arsch!

"..naja...sind ja nur noch 135 Burpees (die Squats und Chrunches zählen wir nicht mit), bis zu meinen 500 Fitnesspunkten in meinem "Virtuellen Coach"..."

Toll. Prost-Mahlzeit! 135 Mal passives Hohlkreuz! 135 Mal Stösse und Schläge in den Sprung- und Kniegelenken, dazu noch die Belastung der Handgelenke und des Schultergürtels... ist Frau Aphrodite zur Tür hinaus, klopft am nächsten Tag "Apollon", danach "Ares" und der Rest der griechischen Götterbande...

Oft begegnet einem martialische Sprüche in der Szene. So z.B.: "There is no elevator to success, you have to take the god damn stairs".

Völlig richtig.

Die Stairs sind allerdings so individuell wie jeder Mensch und dessen physische und psychische Konstitution selbst!!!!

Übrigens ist/war die gleiche Entwicklung beim letzten "Trend" Crossfit zu beobachten. Nachdem die große Welle über den Teich geschwappt ist, häuften sich die Post mit gesundheitlichen Problemen und Drop-outs nach ca. 6-8 Monaten.

Na klar Leute! Haaallloooo!!! Schlecht, oder technisch nicht ausgebildete Menschen heben, stossen, reissen Langhanteln mit Gewichten weit über ihren Limits und machen Übungen des funktionellen Krafttrainings (äähhh, Entschuldigung, Freeletics) noch dazu...

Eigentlich erübrigen sich bereits jetzt alle weiteren Beispiele und Fragen warum, wieso, weshalb die Gesundheit streikt - obwohl Sport ja per se gesundheitsfördernd sein soll.

FAZIT: Warum ich das schreibe...?! Ich möchte mal wieder eine Lanze für unseren Berufsstand brechen!!! Wendet Euch an fachkundige (echte) Trainer. Menschen aus Fleisch und Blut. Lasst Euch individuell betreuen, im Rahmen Eurer Möglichkeiten, gemessen an Euren Fähigkeiten. Wählt die Schritte mit ihm schlau und mit Bedacht aus. Habt Freude und - vor allem - bleibt Gesund!!!!

In diesem Sinne...

Michael