Dienstag, 23. Februar 2016

Say WATT?!

Hallo Freunde des Ausdauer-Dreikampfs,

...oder auch "nur" des Radsports. Heute möchte ich mich etwas ausführlicher dem Thema "watt-gesteuertes Radtraining" widmen. Gleich eins vorneweg - es gibt zunächst die Haupteinteilung in zwei "Fraktionen". Die einen, die nur nach subjektivem Eindruck trainieren (Körpergefühl) und die anderen, die gerne mit Werten / Zahlen (Daten & Fakten) trainieren.

Für erstere lohnt es sich nur unter Umständen weiter zu lesen. Jeder hat seine Philosophie und jeder sollte so arbeiten/trainieren wie es ihm beliebt. Der Post soll niemanden bekehren oder gar belehren - darf aber gerne zum Nachdenken anregen!

Ich selber bin ein Verfechter der zweiten Herangehensweise. Dies schließt übrigens ausdrücklich NICHT die menschliche Komponente aus!!! Ganz im Gegenteil...bei aller Unterstützung durch technische Hilfsmittel ist IMMER der (mündige) Athlet gefragt!!! Wer die Verantwortung bei seinem technischen Gerät oder einer App abgibt, ist selber schuld und ein Trainings-Zombie... :-)

Fangen wir an mit ein paar Fragen:

- Warum die große Mehrheit der Radprofis und Top-Triathleten ein Messsystem am Rad montiert?
- Warum schicken sie die Daten zum Auswerten ihrem Trainer?
- Aufgrund welcher Basis werden Rennanalysen durchgeführt?
- Warum lassen sich Rennställe Leistungsdaten ihrer Fahrer schicken?
- und, und, und...

...weils Humbug ist?! Ich denke eher nicht...

Wenn heute die Top-Drei TdF Fahrer auf die entscheidenden (Berg)Etappen gehen, dann weiss jeder vom anderen wieviel er wiegt, welche Wattleistung über den Zeitraum X erbracht werden muss um bei Steigungsgrad Y die Geschwindigkeit Z zu erreichen. Chris Froome hat mit einer EINZIGEN abartigen Leistung auf EINER Etappe die letzte (?) TdF für sich entschieden. Die einzige Subjektivität dabei ist/war - wenn er an dem Tag/Moment "die Beine nicht hat"...dann ist es zum Scheitern verurteilt.

Natürlich gibt es im klassischen Radsport viel mehr Einflussfaktoren. So z.B. wenn die Attacke kommt, schaut natürlich niemand auf dem Wattmesser und sagt: "...nähh...da fahr ich nicht mit..." :-) Aber Zeitfahren und Bergetappen/-ankünfte sind völlig ausgeklügelte Einheiten. Viel wichtiger ist eigentlich die Betrachtung des Trainings - denn diese macht schließlich 95% des ganzen zeitlichen Aufwands aus...

WAS HAT DAS ALLES MIT EINEM AMATEUR ZU TUN?

Ganz viel! Denn wie beim Profi geht es bei Amateuren auch um Leistungsentwicklung, zumindest aber um OPTIMIERUNG des Trainings, oder nicht?! Gerade Amateuere haben ein knappes Zeitbudget und warum sollte man dieses nicht möglichst optimal für sich nutzen?!

BUTTER BEI DIE FISCHE!

Wattmesser kaufen! Test oder Diagnostik machen! Werte bestimmen! Effektiv und effizient trainieren! ...eigentlich ganz einfach.

Bei der Frage WAS für ein Gerät, da bin ich ganz praktikabel. Jedes System hat Vor- und Nachteile, aber ich habe lieber ein günstigeres Gerät mit einer gewissen Abweichung, als gar keines! Wenn ich mit dem vermeintlich "ungenaueren" System meinen Test fahre, bleibt es sich völlig gleich, denn ich habe ja nur diese Werte. Logisch. Schwierig ist es, wenn ich einen Test auf einem wissentschaftlich genormten Gerät fahre und dann die Werte für mein 0-8-15 Gerät hernehme! Aufpassen!

WELCHE TESTMETHODE?

Auch da bin ich offen. Watt + Herzfrequenz + Laktat + Spiro... oder den einfacher durchzuführenden FTP-Test (Functional Threshold Power) nur mit Watt + HF (oder noch nicht mal die)...Hauptsache es gibt Anhaltspunkte an denen ich mich orientieren kann!

WIEVIEL ZONEN?

Da bin ich über die Jahre von fünf Zonen auf sieben Zonen gekommen - so wie es von Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan propagiert wird. Sie sind die Autoren des Buches "Wattmessung im Radsport und Triathlon". Mit diesen sieben Zonen lässt sich hervorragend arbeiten.

- Aktive Regeneration
- Ausdauer
- Tempo
- Laktatschwelle
- VO2 max
- Anaerobe Kapazität
- Neuromuskuläre Leistung

Dabei sind natürlich Bezeichnungen, die sich in unterschiedlicher Literatur evtl. nochmal anders benannt sind - genauso wie DIE "Schwellenleistung" kaum auf den Punkt zu definieren ist. Daher ist die zusätzlich Bennenung als Zonen sehr gut geeignet. Da sollte jedem klar sein, dass es Übergangsbereiche gibt, und alles sozusagen "im Fliessen" ist.

In den o.g. Zonen gibt es klar definierte zeitliche Vorgaben die Sinn machen und an denen man sich prima orientieren kann. Einfaches Beispiel: Ausdauerbereich alles zw. 60-300min. ...Neuromuskulärer Bereich <30sek. Auch für alle anderen Stufen gibt's zeitliche Orientierungspunkte.

Baut man nun sein Training progressiv und dem Saisonverlauf angemessen auf, kommt der "Otto-Normal-Sportler" sehr sehr weit in seinen Möglichkeiten, bis die Rahmenbedingungen ihm die Grenzen aufzeigen. Und bis dahin braucht man keinen Firlefanz den irgendwelche "Trainer-Gurus" propagieren. Also hört ma' auf im Trüben zu fischen, Lotterietraining zu machen und dergleichen.

Schaut man sich zusätzlich noch das Anforderungsprofil der jeweiligen Aufgabe (Sportart / Wettkampf) an, dann hat man schon weite Teile der Trainingsinhalte abgeleitet. Ein Olympia-Triathlet MUSS also anders trainieren als ein Mittel- oder gar Langdistanzler...zumindest wenn man es optimal haben möchte...

Hat man also einen Sportler, dessen Mitteldistanz-Radleistung nah und/oder gleich seiner Langdistanzleistung liegt (Schnitt oder Normalized Power) - unter Berücksichtigung vom Streckenprofil - dann stimmt(e) mit dem Training was nicht.

Immer dran denken: No Secrets. No Shortcuts. No Bullshit.

Nutze DEIN Potential!

Cheers, M.P.




Mittwoch, 3. Februar 2016

Mach' "Sitz!"

Hallo Freunde des gepflegten Ausdauer-Dreikampfs,

Aus gegebenem Anlass mal wieder ein längerer Post meinerseits. Mir fällt auf, dass in diversen Verkaufsforen für Radsportler und Triathleten 9/10 Rädern eine (abnormal) hohe Sattelneigung aufweisen... Erstmal habe ich natürlich gecheckt ob es an der Fotoperspektive lag?! Leider nein...
 
Nur weil die Sattelnase nach unten zeigt, heisst das noch lange nicht dass es bergab geht!!!
 
Standardeinstellung wäre zunächst mal 0-Grad - also waagerecht, damit der jeweilige Sattel seine volle Funktionsfähigkeit entfalten kann. Nämlich Druckverteilung, Dämpfung - und somit Komfort.

Meine Empfehlung wäre (maximal) 1-2 Grad, wenn überhaupt. Bei zu hoher Neigung schiebt es den/die Fahrer/Fahrerin permanent nach vorne Richtung Vorbau/Lenker und dementsprechend erhöht sich der Druck auf Schultern und Handgelenke. Oder in Tria-Position noch zusätzlich auf die Ellenbogen. Wenn noch dazu kommt, dass der Radler den Kopf überstreckt hält um 2km Vorausschauen zu können, haben wir den Salat. Daher rühren nämlich meist die entsprechenden Probleme im Nackenbereich. Die Leute sitzen auf dem Rad wie eine Katze wenn's donnert.

"Mir tut der Hintern bei jedem Sattel weh...". Oft gehörtes Statement. ...naja, dann hast du einfach noch nicht den richtigen Sattel gefunden. Ganz einfach. Leider wird hier von Herstellerseite seit geraumer Zeit gefühlt alle 3 Monate eine neue Sau durch's Dorf getrieben. Kurz, lang, dick, dünn, weich, hart, mit/ohne Gelpad, geteilt, geknubbelt, geklöppelt, bestickt, bedruckt, mit Drop, Anti-Schweiss, Anti-Rutsch, Anti-Hirn (?)... aber auf jeden Fall Anti-billig...

Nicht zu unterschätzen ist übrigens ebenfalls die Radhose bzw. Sitzpolster UND deren Zusammenspiel mit eben DIESEM Sattel! Eine kleine Wissenschaft für sich und sicher eine Möglichkeit einen eigenen Post darüber zu schreiben. Auf jeden Fall sei dazu hier soviel gesagt:  "...welche Radhose fahrt ihr so...?" ist eine genauso naive Forums-Frage wie so viele andere. Die Antwort lautet: DAS IST INDIVIDUELL!!!
 
Bitte den Sattel weder nach Optik, nach Hersteller nur weil das Rad vom gleichen ist, nach Coolnessfaktor oder nach Pro-Athlete-Faktor auswählen ...nur weil z.B. Jan Frodeno 180km in Aeroposition fahren kann... das hat durchaus andere Gründe...
 
Natürlich bedarf es mehrere Test bis man "seinen" Sattel gefunden hat. Diesem Sattel muss man aber auch Gewöhnungszeit einräumen, genauso wie dem eigenen Hintern. Passt 100% "out of the box" gibt es extreeeem selten. Eine oder zwei kurze Radeinheiten reichen da nicht aus. Einfacher Tipp: vor dem Sattelkauf auf ein dickeres Stück Pappe setzen (in Radhose) und schauen wo die Druckstellen / Dellen (Sitzbeinhöcker) auftreten. Dort "Mitte-Mitte" messen und mit dem Wert zum Sattelverkäufer eures Vertrauens gehen. Da schliessen sich ganz automatisch schon viele Modelle aus!
 
Gut Ding will Weile haben!
 
und
 
Wer gut sitzt, der gut fährt!

In diesem Sinne...

M.P.