Freitag, 19. Juni 2015

Die Wirkung von Sport - einmal ganz anders...!

Hallo alle miteinander,

der heutige Post ist anders als der Vergangenheit - denn es geht nicht um sportartspezifische Aspekte, Trainingswirkung /-tipps oder Ähnliches - der heutige Post hat einen philosophischeren Ansatz aufgrund zweier persönlicher Begegnungen - insbesondere der heutigen.

SPORT WIRKT INTEGRATIV!
SPORT HILFT ÜBER GRENZEN HINWEG!
SPORT VERBINDET!
SPORT IST EINE INTERNATIONALE SPRACHE!
SPORT KANN "HEILEN" (oder zumindest dabei helfen)!

RÜCKBLENDE 8 Wochen:
Ich trainierte auf einem Sportplatz - Athletiktraining in Kombination mit harten Laufabschnitten. AUSSERHALB des Geländes lief ein junger Mann mit offensichtlich afrikanischen Wurzeln in halbwegs sportiv aussehenden Klamotten aber definitiv mit den "falschen" Schuhen seine Runden. Unsere Blicke begegneten sich in gewisser Regelmäßigkeit, ich bemerkte seine Unsicherheit, einige Runden später nickten wir uns "anerkennend" zu.

Diese Kontaktaufnahme war quasi der Eisbrecher - mein Gefühl sagte mir sofort "...Flüchtling" - und er traute sich nun auf das Gelände, setzte sich und beobachtete mein Tun. Als ich auf meinen Auslaufrunden war, bat ich ihn mit mir zu laufen und wir unterhielten uns mit einem Mischmasch aus Händen, Füßen und Englisch. Er - 26J. - alleine geflüchtet, seit 2 Jahren unterwegs, zuletzt über das Mittelmeer, nun im Flüchtlingsheim seit einigen Wochen, liebt Fußball, mag Joggen & Training allgemein und tut es um der Langweile des Heims zu entgehen. Zunächst war ich mir unsicher ob es in Ordnung ist ihn zu fragen ob er meine Laufschuhe haben möchte, aber dann tat ich es einfach und er nahm freudig an.

Ohne hier zu sehr auf seine Schilderungen einzugehen - jeder kann es sich aufgrund ständiger Medienberichte wohl selber denken - ist eine solche Flucht und insbesondere die Menschen(händler) und wohl einige andere Begegnungen auf dem Weg sind nicht unbedingt die beste Voraussetzung um Vertrauen in fremde Menschen zu haben. Für ihn war es hoffentlich ein Hinweis, dass es auch anders sein kann. Von meiner Seite war es wieder einmal mehr der Beweis, wie verdammt priviligiert wir sind und wir (leider) alles als ziemlich selbstverständlich in unserem Leben/Land ansehen.

Wir unterhielten uns noch eine Weile und dann ging jeder seines Weges. Beide um mindestens eine wichtige Erfahrung reicher die über/wegen dem Sport als Berührungspunkt entstanden ist...!

RÜCKBLENDE heute 19.6.:
Parkour AG an einer Schule - eine Lehrkraft frage mich ob ich mich in der Lage sehe ein 9jähriges Flüchtlingskind aus Syrien (!) teilnehmen zu lassen?! Der Junge sei extrem wissbegierig, hat seinen Deutsch-Intensivkurs mit Bravour in kürzester Zeit absolviert usw. usf. ...nicht zulezt aufgrund meines gemeinnützigen Sportprojektes (www.perpetuum-mobile-ev.de) bin ich es über die Jahre gewohnt mit solchen "speziellen" Situationen umzugehen. Von daher war es für mich selbstverständlich, das er teilnehmen darf.

Da war er also nun. Still, schüchtern, ohne Regungen im Blick/Gesicht. Ich begann die Stunde - für die anderen Teilnehmer ungewohnt - mit der Bitte dass alle mir helfen unserem Gast eine gute Parkourstunde zu bereiten, die gewohnten Regeln besonders gut umzusetzen usw. usf. als Anleitung/Unterstützung unseres Gastes.

Hintergrund ist der, dass der Junge aufgrund seiner Erfahrungen "Probleme" damit hat, wenn jemand für ihn Entscheidungen fällt. Nachvollziehbar. Er (und seine Familie) haben auf der Flucht ständig eigene wahrscheinlich (über)lebenswichtige Entscheidungen treffen müssen. Wenn man sich auch nur im Ansatz vorstellen kann, was seine Augen, sein Herz und seine Seele in so jungen Jahren schon alles gesehen, erlebt und erfahren haben...da kommt von uns in 100 Jahren (hoffentlich) niemand ran...!

Stunde beginnt - nach einem kurzen intensiven Warmup erkläre ich die Übungen der heutigen Session. Er saugt alles auf wie ein Schwamm! Beginnt mit mir zu reden, möchten zeigen was er schon kann und als er - ohne Kuschelpädagogik - berechtigtes Lob für die sehr gute Umsetzung der Übung(en) einheimst, strahlt sein Gesicht immer wieder und er bekommt eine stark veränderte Körpersprache...! Es flackert Selbstbewußtsein auf (dass sich aber im Umkehrschluss auch genauso schnell verflüchtigt). Die Stunde lief ziemlich perfekt...und ich freue mich schon auf nächste Woche...und vielleicht den nächsten Stein im Puzzle auf seinem Weg Richtung kindlicher Normalität...

Ich liebe meinen Job - this made my day (again)!

Cheers,
Michael

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